Wirkung von Musik im OP

Musik begleitet uns täglich. Ob beim morgendlichen Kaffee zu Hause, auf dem Weg zur Arbeit, als Teil von Social Media Content oder im Fernsehen. Dabei hat die Art der Musik stets Einfluss auf unsere Stimmung, Wahrnehmung und Motivation. Eltern setzen ruhige Musik ein, um ihre Kinder zu beruhigen, andere motivieren sich mit energetischen Klängen zum Sport und auch Filmemacher setzen Musik gekonnt ein, um uns aus der Reserve zu locken und die Stimmung einzelner Szenen neben dem Visuellen auch auf der Tonspur zu vermitteln. Warum soll man dann Musik nicht auch im OP einsetzen?

Heute werden 53-72% der Operationen durch Hintergrundmusik begleitet. Und das nicht mehr nur, um den Patienten zu beruhigen, sondern auch, um das OP-Personal in ihrer Leistung zu unterstützen. Der Einzug von Musik in den OP fand bereits 1914 statt. Dort setzte Evan O’Neill Kane die Musik dazu ein, die Angst und den damit verbundenen Stress des Patienten zu vermindern (Kane, 1914; Rastipisheh et al., 2019). Danach hielten Grammophone Einzug in den OP (British Medical Journal 1931, S. 108). Als positive Effekte der musikalischen Beschallung im Vorfeld und während einer OP konnte bei den Patienten konkret eine verminderte Ausschüttung von Cortisol, eine gedämpfte Schmerzwahrnehmung, eine optimierte Körperentspannung und ein beschleunigter Heilungsverlauf festgestellt werden (Allen und Blascovich, 1994).

Wird Musik während Operationen gespielt, hat dies auch Einfluss auf die Leistung des OP-Teams. Einer Studie zufolge, bei der 23 wissenschaftliche Veröffentlichung zum Thema Effekt von Musik während chirurgischer Eingriffe auf Patienten und OP-Personal der letzten Jahre untersucht wurden, berichtete ein Großteil der Studien (17) positive Effekte (Rastipisheh et al., 2019). Zu diesen zählen unter anderem eine erhöhte Präzision, eine Erleichterung der mentalen Belastung des Teams, eine kürzere Dauer einzelner Operationsschritte, eine höhere Fokussierung und verbesserte Situationswahrnehmung, eine Steigerung des Denkvermögens sowie ein gesenktes Stresslevel (Makama et al., 2010; Oomens et al., 2019; Ullmann et al., 2008).

Damit die Musik ihre positive Wirkung entfalten kann, sollte die Art der Musik, die Lautstärke und die Erfahrung der Chirurgen bei der Entscheidung, ob und welche Musik gespielt werden sollte, mit einbezogen werden (Rastipisheh et al., 2019).

Gerade bei unerfahrenen Chirurgen kann die Musik ablenken und so motorische und kognitive Fähigkeiten negativ beeinträchtigen (Miskovic et al., 2008).

Welche Art von Musik die Leistung des Teams verbessert, kann laut der Studien nicht pauschalisiert werden (Allen und Blascovich, 1994; Oomens, 2019). Die Musik sollte individuell nach den Präferenzen des Teams ausgewählt werden. Mag man ein bestimmtes Genre nicht, kann sich dies negativ auf die Leistung auswirken. Neben eigenen Präferenzen unterscheiden viele Chirurgen auch nach der Art des Eingriffs, welche Musik sie hören möchten. So gibt es beim Streaming-Dienst Spotify Playlists, die nach der Art der Musik, des Eingriffs, der gewünschten Stimmung oder der chirurgischen Disziplin benannt sind: Surgery Rocks, Pop Surgery, Surgery Chill, Dental Surgery Music, Urologic Surgery, … (Spotify AB, 2019).

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