Sprechstundenbedarf: Medizintechnik-Fachhandel zwischen Hoffen und Bangen

(08/2022) Wer Dr. Bastian Reuter (Kanzlei Hackstein Reuter Rechtsanwälte) von diversen Fachbeiträgen und Online-Seminaren – u. a. auch für den MTD-Verlag – kennt, der wusste eines sicher: Der Jurist liefert dem Medizintechnik-Fachhandel in Köln anlässlich der ZMT-Infotage 2022 topaktuelle Informationen in Sachen SSB (Sprechstundenbedarf). Und so kam es auch. Dabei hielten sich positive und negative Fakten in etwa die Waage. Verbreiten jüngste Gerichtsurteile hier und dort Hoffnungsschimmer, lassen sich die Kostenträger doch immer wieder neue „Nettigkeiten“ einfallen, um auf dem Regress-Parkett zu punkten.

Bevor sich Dr. Reuter mit den aktuellen – und durchaus spannenden – Entwicklungen beim SSB befasste, ging er kurz auf die beiden gängigen Bezugs- und Vertriebssysteme beim SSB ein. Unterschieden wird hier nach Gebieten mit Lieferverträgen „in verschiedensten Ausführungen“ zwischen Krankenkassen und Lieferanten und Gebieten ohne Lieferverträge.

Gebiete mit Lieferverträgen

Diese enthalten Regelungen hinsichtlich Preisen und Abrechnungsmodi. Hinzu kommen in der Regel eine allgemeine Verpflichtung auf das Wirtschaftlichkeitsgebot, die laut Dr. Reuter „häufig in einem Satz, manchmal aber auch in verschiedenster Ausgestaltung“ geregelt sein kann, oder auch eine konkrete Verpflichtung zur Auswahlentscheidung zwischen mehreren Artikeln unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes durch den Lieferanten beinhalten kann.

Der große Vorteil für die SSB-Lieferanten, vor allem Medizintechnik-Fachhändler) besteht bei solchen Lieferverträgen laut Dr. Reuter darin, dass ein vertraglicher Vergütungsanspruch des Lieferanten gegenüber der Krankenkasse besteht.

Gebiete ohne Lieferverträge

Ganz anders stellt sich die rechtliche Lage für SSB-Lieferanten dar, wenn kein Liefervertrag besteht. Der Arzt verordnet und bezieht die Produkte und tritt seinen Erstattungsanspruch an den Lieferanten ab. Dieser rechnet dann mit der Krankenkasse ab.

Genau an diesem Punkt besteht nun allerdings eine große Rechtsunsicherheit. Status quo ist hier die strittige und offene Rechtsfrage, ob es überhaupt einen eigenständigen Vergütungsanspruch auf Seiten des Lieferanten gegenüber der Kasse aus der Garantiefunktion der vertragsärztlichen Verordnung heraus gibt. Die Krankenkassen stellen sich hier oft quer und verneinen das.

Sprechstundenbedarf: Gerichtsurteile machen Hoffnung

Allerdings kommt hier nun Bewegung ins Spiel, denn zwei jüngere LSG-Urteile argumentieren hier pro SSB-Lieferanten, so Dr. Reuter. Tenor: Ein Zahlungsanspruch des Lieferanten gegenüber der Krankenkasse setzt keinen Liefervertrag voraus. Über die Garantiefunktion der Verordnung des Arztes kann der Leistungserbringer trotzdem einen direkten Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse geltend machen.

Ein weiterer damit verbundener Vorteil besteht für SSB-Lieferanten laut Dr. Reuter darin, dass etwaige Kürzungen der Krankenkassen gegenüber dem SSB-Lieferanten auch noch bis zu vier Jahre rückwirkend geltend gemacht werden können, ohne dass der verordnende Arzt selbst klagen müsste.

Relevanz und Konsequenzen von Rahmenverträgen

Die beiden erwähnten LSG-Urteile befassten sich im Kern mit der Frage, ob und in welcher Form eine Krankenkasse exklusive, bilaterale (Rabatt)-Rahmenverträge mit einzelnen Leistungserbringern – bei gleichzeitigem Ausschluss anderer Leistungserbringer – schließen darf.

Das LSG Baden-Württemberg und das LSG Nordrhein-Westfalen kommen hier zu teilweise unterschiedlichen Einschätzungen. Die Rechtsfrage ist nun beim Bundessozialgericht anhängig, so Dr. Reuter. Die differenzierte Sichtweise der Landessozialgerichte stellte er in Köln plakativ gegenüber:

LSG BW (22.2.2021); L 4 KR 200/21 ER-B
  • Der Abschluss von Rahmenv
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